„Die Lügen der Nazis“- Jud Süß in Wied Scala
Nach der Europawahl ist vor der nächsten Wahl!
Der meistgesehene Film aus der Zeit des Nationalsozialismus ist „Jud Süß“. Da es ein sogenannter NS-Propagandafilm ist, steht er heute unter „Vorbehalt“ und darf nur innerhalb eines Seminars gezeigt werden. Veranstalter, Verbandsbürgermeister Fred Jüngerich, begrüßte Ende April die Teilnemer im vollbesetzten Kinosaal und betonte, dass mit dieser Aktion ein Verständnis für Demokratie geweckt werden sollte.
Eingestimmt wurde die Gruppe von Filmwissenschaftler Arndt Klingelhöfer (MA, IKF), indem er sehr spannend darlegte, wie Filme ab 1940 gezielt zur Propaganda genutzt wurden. Er informierte über die Produktionsgeschichte und die Zeitumstände.
Dieser bekannteste „Vorbehaltsfilm“ wurde gezielt den Soldaten und der Bevölkerung gezeigt, um Hass zu sähen, und er macht deutlich, was möglich ist, wenn keine Demokratie herrscht.
Bei der Betrachtung des Filmplakats analysierten wir, dass das Klischee eines „typischen Juden“ mit grünem Gesicht, stechendem Blick, leichter Froschperspektive gestaltet wurde.
Propagandaminister Goebbels hatte den Regisseur Veit Harlau beauftragt einen Film zu drehen, der die Vernichtung der Juden rechtfertigte. Goebbels war der Meinung Propaganda sei eine Waffe und eine Kunst.
Die Alliierten haben die Filme später beschlagnahmt. Heute ist man der Auffassung, dass sie nicht verboten werden sollen, sondern mit Filmgesprächen jungen Menschen gezeigt werden müssen!
Um den Film einordnen zu können wurde erläutert: Zu Beginn wird der Betrachter in eine wohlige Stimmung versetzt. Langsam steigert sich der Hass, der Antisemitismus greift um sich. Diese indirekte Propaganda lief über Plakate, über Filme, über „Unterhaltung“.
1939 hetzte Hitler über Ostjuden, 1940 sprach er über die Endlösung. Aus diesem Jahr kommen die antisemitischen Großfilme wie „Jud Süß“. 1941 gab es systematische Massenmorde in KZ’s.
Hitler hatte angeordnet, dass alle den Film sehen mussten (SS und Polizei).
Dann folgten 90 Min Film. 10 Minuten Pause.
Nach der Vorführung erfolgte eine Filmanalyse und ein Gespräch, in dem auch die filmsprachlichen Aspekte der Propagandawerke herausgestellt wurden.
Eine Schülerin sagte danach: „Du sitzt darin und denkst auf einmal, ja die handeln mit Geld, sind gerissen, usw. die ganzen Klischees greifen, du wirst so manipuliert. Bis du danach denkst, so schnell wirkt die Propaganda“.
Zeliha: “Was man alles mit einem Film anrichten kann!“
Aber auch Warnschüsse waren zu hören:
Delia:“ Ich fand es interessant, wie die Leute früher von simplen Filmen beeinflusst wurden. Wenn man den Film analytisch betrachtet, bemerkte man welche Elemente welche Wirkung hatten. Ich finde, auf so etwas Acht zu geben, dazu sollte senisbilisert werden, vor allem in der Gesellschaft, in der wir leben, wenn man ihre Verwandlungen beachtet“.
Charlotte: “Auf mich persönlich hat der Film ziemlich verstörend gewirkt. Da die Rollenbilder der Nationalsozialisten dem Zuschauer sehr unterschwellig, aber dennoch direkt beigebracht wurden. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute damals damit manipuliert wurden. Deshalb finde ich es gut, dass der Film auch im Rahmen einer kritischen Betrachtung gezeigt werden darf.“
Moussa: „Wir haben mit unserem Wissen heute ein Korrektiv. Wie subtil Hass geschürt wurde. Die Vor-und Nachbesprechung hat uns differenzierte Infos gegeben, sie klärten eigene Gedanken, die während des Films aufstiegen.“
Abby: „Am Anfang war ich unparteiisch, „Team Jude Oppenheimer“. Als „der Jude“ dann den Frauen gegenüber so „übergriffig“ dargestellt wurde und die frisch verheiratete Jungfrau gezwungen hat, sich vergewaltigen zu lassen, hatte ich eine enorme Menge Abscheu vor dem Typ. Im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass das, das Ziel des Films war“.
In der Nachbesprechung wurde deutlich, es wurden gezielt filmische Mittel eingesetzt, man sollte sich, immer wenn ‚der Jude‘ gezeigt wurde, nicht wohlfühlen.
Der 12er Kurs hatte im Rahmen der Stilepochen die Monumentalarchitektur des Neoklassizismus und deren Inszenierung in Filmen von Leni Riefenstahl besprochen.
Referent Klingelhöfer erhellte, dass es einige Falschaussagen im Film gäbe, z.B. hatte Stuttgart keinen „Judenbann“ wie gesagt wurde.
Die letzten Bilder zeigen, dass der Judenbann aufgehoben wurde und daraufhin die Ostjuden mit schmutzigen Kaftanen, langen Bärten in die Stadt stürmten, dargestellt wie eine negative Invasion. Fremdes wird überbetont, untermalt mit düsterer Musik, montierenden Schnitten. Goebbels wollte über alle Sinne Hass erzeugen. Der Film sollte auf den Instinkt zielen.
Catalina: „Die jüdischen Menschen sollten als etwas Böses dargestellt werden. Der Hauptdarsteller hat den „bösen Juden“ sehr direkt dargestellt, aus heutiger Sicht würde ich es „direkte Propaganda“ nennen. Die Vor-und Nachbesprechung haben sehr geholfen. Mein Interesse für Film und dessen Analyse wurde geweckt.“
Den Schülern wurde ein Verständnis für Geschichte vermittelt und für Themen wie Toleranz und Demokratie sensibilisiert.
Es war eine Kooperationsvorhaben der Leitstelle Kriminalprävention des Landes RLP, der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und dem Institut für Kino und Filmkultur e.V.
Katharina Otte-Varolgil